Boeken – Silberstiftzeichnen https://zilverstift.nl/DE Alles zum Thema Silberstift Wed, 01 May 2024 20:53:55 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.5 https://i0.wp.com/zilverstift.nl/DE/wp-content/uploads/sites/3/2024/04/cropped-zilverstift-logo.png?fit=32%2C32&ssl=1 Boeken – Silberstiftzeichnen https://zilverstift.nl/DE 32 32 230805164 Das Büchlein vom Silbersteft https://zilverstift.nl/DE/das-buechlein-vom-silbersteft/ Wed, 01 May 2024 20:04:34 +0000 https://zilverstift.nl/DE/?p=393 Wie bei einem eher obskuren Medium nicht anders zu erwarten, gibt es keine Fülle an Literatur zu diesem Thema. Die meisten Bücher über Silberstift gehen daher von dieser Knappheit aus. Schwalb und Mazzullo zum Beispiel haben ein sehr umfassendes, praktisches Handbuch für Silberstiftkünstler geschrieben. Auch Joseph Meder hat 1909 sein kurioses Büchlein zur Förderung des Mediums herausgegeben: Das Büchlein vom Silbersteft (sic).

Hofrat Dr. Josef Meder, Direktor der Albertina von Ferdinand Schmutzer (1917) – Albertina, Österreich.

Der Autor Joseph Meder

Joseph Meder hat, wie ich, Germanistik studiert. Er begann sein Berufsleben, wie ich, zwischen Büchern: ich in einem Antiquariat, Meder in der Universitätsbibliothek in Wien. Zu der Zeit, als er das Silberstiftbuch veröffentlichte, war er Direktor der graphischen Sammlung des Wiener Kunstmuseums Albertina. Dort beschäftigte er sich vor allem mit der Restaurierung und Konservierung alter Zeichnungen. Sein bekanntestes Werk ist ein vielzitierter, kritischer Katalog der Zeichnungen Albrecht Dürers.

Meder hatte also durchaus den passenden Hintergrund, um etwas über Silberstift zu sagen. Dennoch ist sein Band kein beschreibender Katalog. Er ist speziell für Künstler geschrieben, voller praktischer Tipps, auch wenn er selbst kein Künstler war. Sein Ziel ist damit nicht beschreibend, sondern “dass das Zeichnen mit Silberstift wieder ans Licht kommt“. Wie Schwalb und Mazzullo, wie ich, will er den Gebrauch des Silberstiftes fördern.

Da enden jeoch die Gemeinsamkeiten. Meder zeigt deutlich seine Abneigung gegen den damals angesagten französischen Impressionismus. Man kann sich in der Kunst nur verbessern, wenn man die alten Meister studiert, denn deren Zeichnungen sind “ehrlich und gut gemacht“, sagt Meder.

[Die Franzosen] haben nur Freude an spontaner, ungeplanter Malerei und nackten Menschen. (Joseph Meder, 1909)

Meder schrieb dies als Dürer-Kenner. Ich kann also nicht umhin, eine Ähnlichkeit mit jener anderen Gruppe von Renaissance-Künstlern zu sehen, die eine Wiederbelebung der Silberstiftkunst anstrebten: die Präraffaeliten. Diese Gruppe englischer Künstler strebte eine Rückkehr zu einfachen Kompositionen (und Lebensweisen) und genauen, realistischen Arbeitsmethoden wie zur Zeit Raffaels, eines Zeitgenossen Dürers, an. Sie stellten sich aus Ehrfurcht vor dem Meister vor ihn und liefen wie Fanatiker in einfachen Kleidern aus grobem Stoff herum.

Das Seitenlayout von Das Buch des silbernen Markers. Der hellgraue Text ist mit roter Tinte gedruckt.

Der Einband

Meders Büchlein ist also eine seltsame Nachahmung des Renaissance-Silberstiftes als Werbemittel. Ich sage das bei aller Liebe zum Medium – nicht weil ich die Renaissance zurückholen will. Die Wiedereinführung alter Techniken in einer neuen Zeit mag zu neuen Erkenntnissen führen, aber sie bringt nicht die Vergangenheit zurück.

Trotzdem ist das Büchlein ein nettes kleines Werk. Angesichts des Seitenlayouts und der Schriftart könnte man fast meinen, es handele sich um ein altes Gezeitenbuch. Wie gut ist es auch, dass er Proben von grundierten Bogen beigefügt hat, so dass man spüren kann, was die Absicht ist.

Die Krönung des Büchleins ist meiner Meinung nach der faksimilierte Silberstift, der mit einem Draht am Büchlein befestigt ist und gleichzeitig als Verschluss dient. Dieser ist eindeutig inspiriert von dem ähnlichen Federverschluss einiger, noch bekannter Original-Renaissance-Silberstift-Skizzenbücher wie dem von Jacob Guldenmundt aus dem Jahr 1584.

Vor allem, wenn der Silberstift noch vorhanden ist, zahlt man für die Erstausgabe von Meders Silberstiftbüchlein eine stolze Summe. Aline Ehrhardt kümmerte sich 2015 um den Nachdruck, der aber leider vergriffen ist. Zum Glück gibt es alles in einem kostenlosen pdf zum Anschauen (folgen Sie dem Link).

Der Inhalt

Meders Büchlein stellt ganz kurz und knapp alle Aspekte der Silberstiftkunst dar: die Geschichte, wie ein Silberstift aussieht, wie man einen Silberstift selbst herstellt, wie Papier früher präpariert wurde, wie man Papier leicht selbst präparieren kann und wie man damit zeichnet.

Einige Informationen unterscheiden sich von denen, die ich auf zilverstift.nl/de/ gebe. Wer Recht hat, ist nicht die richtige Frage. Ich verwende zum Beispiel Fixiermittel, während Meder sagt, dass man fertig ist, sobald man mit dem Zeichnen fertig ist, und dass die Oxidation die Zeichnung nur schöner aussehen lässt. Das ist weniger ein Widerspruch, als es klingt. Auch ich schätze die durch die Oxidation verursachten Verfärbungen. Ich arbeite jedoch viel größer, so dass unregelmäßige Verfärbungen stärker auffallen und die Gefahr des Verschmierens viel größer ist. Außerdem gab es im Jahr 1909 noch keine Fixiersprays. Letztendlich muss jeder Künstler für sich selbst entscheiden, was der beste Weg ist – das Medium ist für den Künstler da, nicht andersherum.

Die Informationen, die Meder in diesem Büchlein gibt, sind sehr begrenzt. Er streift alles, was ein angehender Silberstiftkünstler braucht, so kurz, dass man unwiderruflich mit Fragen zurückgelassen wird. Betrachten Sie das Buch also eher als ein Schmuckstück, das Ihr Interesse weckt. Die eigentliche Erkundung folgt erst danach.

Meders Geschichte des Silberstiftes befasst sich vorhersehbar hauptsächlich mit der Renaissance, aber immerhin mit Beispielen aus verschiedenen Ländern: neben seinen geliebten Dürer, auch Cennini, Giotto, Botticelli, Raffael, Van Eyck und Memling, unter anderem. Indem er diese großen Namen nennt, verleiht er dem Medium Legitimität.

Vierzehn Jahre später, 1923, widmet Joseph Meder den Metallstiftzeichnungen in seinem Buch Die Handzeichnung ein wesentlich umfangreicheres Kapitel. Im letzten Jahr seiner Tätigkeit als Direktor der Albertina wurde dieses Buch sehr viel wissenschaftlicher und weniger aus emotionaler Zuneigung geschrieben. Auch konnte er jetzt die Geschichte des Silberstiftes mit Erwähnung der Prerafaelliten ergänzen.

Zum Schluss

Was soll man also mit so einem kleinen Buch anfangen? Es ist auf jeden Fall eine schöne Ergänzung für das Kuriositätenkabinett eines Silberstiftliebhabers. Wenn es um kunstbezogene Informationen geht, ist das Buch von Schwalb und Mazzullo natürlich viel nützlicher. Es ist typisch für Silberstift: ewig in seiner Nische, von Kunstkennern und Illustratoren geschätzt, immer wieder fast aber nicht ganz vergessen. Ich schließe mich dieser Liste von Autoren und Künstlern mit der gleichen Liebe und Bescheidenheit an.

Sehr leicht gehen die Künste verloren, aber schwer findet man sie wieder (Joseph Meder, 1909)

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